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    Zuletzt aktualisiert: 15.05.2014 um 19:11 UhrKommentare

    Ist die EU ein undemokratischer Moloch?

    Von den EU-Gegnern bis zu gemäßigten Europäern tönt die Kritik, Brüssel sei eine unersättliche bürokratische Krake. Das ist das Los jeder Institution, die weit entfernt von den Bürgern ist. Von Johannes Kübeck

    Das Gebäude der EU-Kommission

    Foto © APDas Gebäude der EU-Kommission

    Behauptungen wie die von der EU als "demokratischer Moloch" sind schwer zu widerlegen. Sie beruhen auf Vorurteilen statt auf Argumenten, sie sind durch die ständige Wiederholung zum Selbstläufer geworden und "die EU" kann sich dagegen praktisch nicht zur Wehr setzen. Der Bürgermeister einer kleinen Gemeinde, der von einem Bewohner öffentlich kritisiert wird, kann diesen gegebenenfalls persönlich zur Rede stellen. Attackiert ein Bürger hingegen den Landeshauptmann an, den Bundeskanzler oder eben "die EU", muss er nicht befürchten, dass er mit Gegenargumenten konfrontiert wird. Deshalb bedienen sich die Anti-EU-Populisten so gerne dieser Methode.

    Kritik an "der Bürokratie" gibt es seit Institutionen das Funktionieren der menschlichen Gesellschaft ermöglichen. Schon im alten Babylon rieben sich Bürger an den Beamten. Die Kritik wird umso lauter, je größer eine Institution und je weiter sie geografisch entfernt ist. Der Unmut, den es in den Bundesländern gegen den "Wasserkopf Wien" gegeben hat, konzentriert sich heute gegen den "Moloch EU". Die Wiener Bundesstellen sind durchaus dankbar dafür.

    Das Europa der Institutionen kann ohne Demokratie und ohne Personal nicht funktionieren. Die EU besteht aus dem EU-Parlament mit weit mehr als 700 direkt gewählten Abgeordneten, die 500 Millionen Bürger in 28 Staaten vertreten. Der Rat besteht aus Vertretern der Regierungen dieser Staaten, die ihrerseits durch demokratische Prozesse in ihr Amt gekommen sind und auf die Belange ihrer Staaten achten. Dieser Legislative steht das Exekutivorgan der Kommission gegenüber. Sie hat das alleinige Vorschlagsrecht, was auf Unionsebene geregelt werden soll und überwacht als "Hüterin der Verträge" die Einhaltung der beschlossenen Regeln.

    Regeln und Regelbrüche

    Die Kommission setzt sich aus 28 Personen der Mitgliedsländer zusammen, die das Vertrauen der nationalen Politiker und die Zustimmung der EU-Abgeordneten haben. Dazu kommen wie in jeder modernen Demokratie ein unabhängiges Höchstgericht, eine ebenfalls unabhängige Zentralbank, ein Rechnungshof, ein Ombudsmann und weitere Institutionen, die im Interesse der Bürger und der Demokratie tätig sind.

    Wer findet, dass die 751 Abgeordneten, die bald wählen sind, zu viele sind, muss die Fakten sehen. Im Schnitt vertritt ein EU-Mandatar mehr als 650.000 Wähler. Wollte man das auf Österreich übertragen, müsste die Zahl der Nationalratsabgeordneten halbiert werden und der Kärntner Landtag bestünde aus einem einzigen Volksvertreter. Fragt sich, ob das dann demokratischer wäre. Wer findet, dass die Kommission mit 28 Mitgliedern zu groß ist und nicht mehr jedes Mitgliedsland einen EU-Kommissar stellen soll, sollte gleich hinzufügen, ob er bereit ist, für sein Land auf den Kommissar zu verzichten.

    Die komplizierten demokratischen Verhältnisse, die den komplizierten europäischen Institutionen zugrunde liegen, bedingen zwangsläufig komplizierte Regeln und entsprechende Verwaltungsstrukturen. Der angesehene deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat es so formuliert: "Europa ist getragen von der Idee, dass Regeln eingehalten und Regelbrüche geahndet werden". Rechtskundige Experten müssen diese Aufgaben erfüllen.

    Natürlich gibt es wie in jeder Bürokratie Exzesse, die ärgerlich bis unnötig sind und die eingedämmt gehören. Und natürlich sind nicht alle 50.000 EU-Beamten Charmeure. Das Unbehagen über die Arroganz mancher Brüsseler Akteure ist nachvollziehbar. Natürlich kann es hinterfragt werden, ob die Kommission 33 Hauptabteilungen braucht und ob es sinnvoll ist, dass die den Titel Generaldirektion tragen müssen, welcher nicht gerade Servicecharakter und Bürgernähe vermittelt.

    Europa siegt über Google

    Das Hilfspaket der Eurostaaten für Griechenland etwa hat einen vielseitigen Anhang von Auflagen, die bis zu Vorschriften für die Wochenmärkte auf der Halbinsel Peloponnes gehen. Offenbar wollte sich jede Brüsseler Behörde darin verewigen. Vielleicht war das aber auch eine Reaktion darauf, dass das relativ kleine Griechenland durch verantwortungsloses Handeln den vermeintlichen "Moloch EU" vor drei Jahren fast ins Wanken gebracht hat.

    Wenn jetzt der EU-Gerichtshof Google in die Schranken gewiesen hat, die Bürgerrechte im Internet zu achten, war das nicht ohne eine viel Arbeit der Bürokratie möglich. Dass die europäischen Bürger billiger telefonieren können und mehr Rechte als Konsumenten und Reisende haben, dass Studenten vom Erasmus-Programm profitieren, dass sich die EU wirksam mit den monopolistischen Weltkonzernen anlegt, dass der Einfluss von Lobbyisten auf die EU wenigstens kanalisiert wird, dass die unverschämten Bonuszahlungen an die Banker europaweit beschränkt werden oder dass die Bauern für eine "grünere" Landwirtschaft einen Ausgleich erhalten, kann nur gelingen, wenn Politiker durch gute Verwaltungsstrukturen unterstützt werden. Man kann das aus der Lehnstuhlperspektive Moloch nennen und sich an Auswüchsen reiben. Oder man kann daran arbeiten, wie es einfacher und besser geht.

    JOHANNES KÜBECK, BRÜSSEL

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